Am 16.02.2023 wurde Marlene von den Salzburger Nachrichten interviewt. Ein toller Beitrag über den Werdegang von Marlene und Ihrem Stiefvater Rudi.
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Junge Kammerjägerin aus Salzburg: "Wir sind wie Superhelden"
von SIMONA PINWINKLER Donnerstag 16. Februar 2023
Marlene Holzer ist Kammerjägerin und mit 24 Jahren eine der Jüngsten ihrer Branche. Sie bekämpft nicht nur Schädlinge, sondern rettet auch Leben.
Marlene Holzer aus Elixhausen ist eine der jüngsten Kammerjägerinnen Österreichs. Sie muss schnell an Ort und Stelle sein, präzise arbeiten und erwartet wird von ihr höchste Diskretion. Deshalb ist an ihrem Firmenauto auch kein Logo zu sehen. "In dem Moment sind wir für die Kunden so etwas wie Superhelden. Nur sollen die Nachbarn nicht wissen, dass wir da waren", erzählt Marlene Holzer. Die 24-jährige Elixhausnerin ist Kammerjägerin und damit eine der jüngsten in Österreich und eine der wenigen Frauen ihrer Zunft. Sie fängt Siebenschläfer mit dem Handtuch ein, entwirft Schädlingsbekämpfungspläne für Unternehmen und sprüht Gift, wenn es nötig ist.
24-Jährige übernimmt Familienbetrieb
Ihr Stiefvater Rudolf Otavnik hat vor 30 Jahren die Firma Micro Biotic in Mödlham in Seekirchen gegründet. Als er mit 60 Jahren in Pension gegangen ist, hat er das Unternehmen an seine Frau Anna übergeben. Doch es fehlte eine gewerberechtliche Geschäftsführerin. Sein Sohn, der auch in der Branche ist, lebt und arbeitet in Oberösterreich. Und so kam Marlene ins Spiel.
Dass sie einmal in die Fußstapfen ihres Stiefvaters tritt, hätte die 24-Jährige nicht gedacht. Sie besuchte die Caritas-Schule in Salzburg, danach absolvierte sie eine Lehre in der Gastronomie und arbeitete an der Rezeption im Hotel Grand Sheraton in Salzburg. Während der Coronapandemie habe sie gemerkt, dass der Beruf nichts für sie sei. "Durch die ständigen Lockdowns und Reisebeschr�nkungen waren mehr Mitarbeiter als Gäste im Hotel. Es hat einfach nicht mehr gepasst." Sie habe immer schon gewusst, dass sie gerne mit Menschen und Tieren arbeiten wolle, aber das Naheliegende, nämlich den Betrieb des Stiefvaters weiterzuführen, sei ihr davor nicht in den Sinn gekommen. Sie hat bereits im Büro mitgearbeitet und Anfragen von Kunden beantwortet. "Doch irgendwann hat mir das nicht mehr gereicht, ich wollte wissen, was dahintersteckt, wie die Sch�dlinge bekämpft werden und wann welche Insekten Saison haben." Und so war die Zukunft der Firma besiegelt.
"Viele sind überrascht und fragen: Warum tust du dir das an?"
Die Lehre als Schädlingsbekämpferin, wie der Beruf offiziell genannt wird, dauert drei Jahre. Für die Meisterprüfung muss noch ein halbes Jahr angehängt werden. Diese hat Marlene Holzer im Sommer 2022 abgeschlossen. "Wir waren zehn Teilnehmende im Meisterkurs, ich war mit Abstand die jüngste. Die zweite Frau hat abgebrochen." Viele Frauen aus ihrer Branche kenne sie nicht. "Aber die Innungsmeisterin, Marianne Jäger, die auch medial präsent ist, ist ein Vorbild für mich." Die Reaktionen auf ihre Profession seien unterschiedlich: "Viele sind überrascht und sagen: ,Oh, das hätte ich nicht gedacht.' Oder: ,Warum tust du dir das an mit den grauslichen Tieren?' Aber am Ende kommen sie dann und bitten uns, das Wespennest an ihrem Haus zu entfernen. Dann sind sie froh und merken, dass es eine wichtige Arbeit ist, denn viele Nager und Insekten richten große Schäden an."
Eine neue Generation tritt ins Berufsfeld ein
An den Beruf der Schädlingsbekämpfung gehe sie anders heran als ihr Stiefvater, wie beide beschreiben. "Ich versuche, so wenig Gift wie möglich einzusetzen, denn meistens funktioniert es auch so", sagt Marlene. Ihr bisher sch�nster Einsatz war, als sie ein Siebenschläferbaby mit einem Handtuch in einer Wohnung eingefangen hat. "Ich habe ihm gut zugeredet und es ist auf meiner Schulter herumgeklettert. Dann haben wir es an die Pfotenhilfe abgegeben. Bald wird der ausgewachsene Nager in die freie Natur entlassen." Ihr Job bestehe also nicht nur im Bekämpfen von Tieren, es gehe auch darum, Betriebe - vor allem in der Lebensmittelbranche - in ihrem Schädlingsbekämpfungsplan zu unterstützen. "Sodass erst gar kein Einsatz notwendig ist", sagt Marlene Holzer. "Da kommt eine neue Generation in dem Berufsfeld und das ist gut so", sagt Stiefvater Rudolf Otavnik. Auch für ihn war der Beruf damals nicht Plan A. "Ich habe Lehramt studiert, Geografie und Sport. Aber ich habe keine Stelle als Lehrer gefunden.
Nur eine Firma für Schädlingsbekämpfung hat mich genommen. Kurze Zeit später habe ich meine eigene Firma gegründet."
Dass die Jugend nun übernehme, sehe er mit Freude. Er wolle seiner Stieftochter auch ermöglichen, so viele Kontakte und Erfahrungen wie möglich zu sammeln. Er selbst sei mehrmals in den USA gewesen, um sich weiterzubilden. Heuer findet die größte Messe der Branche auf Hawaii statt. Beide lachen, Marlene bekommt große Augen. "Da würde ich schon gerne hinfahren." Dann läutet das Telefon. Ein Notfall? Holzer sagt: "Als Superheldin habe ich nie frei."